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Gesundheitliche Vorausplanung

Gesundheitliche Vorausplanung ist ein Konzept, das sich ausgehend vom englischen Sprachraum (Advance Care Planning) entwickelt hat. Inzwischen haben sich weltweit unterschiedlich ausgestaltete Modelle etabliert. Diese zeichnen sich durch gemeinsame Elemente aus:

  • Zielsetzungen:
    Auf der individuellen Ebene: Förderung der Selbstbestimmung bei Urteilsunfähigkeit

    Auf der systemischen Ebene: Förderung der koordinierten Betreuung
  • Betonung des Prozesshaften:
    Dialog zwischen medizinischen Fachpersonen und Menschen, die eine Gesundheitliche Vorausplanung angehen möchten
  • Nachvollziehbarkeit für Dritte:
    Ergebnisse des Prozesses werden in geeigneten, standardisierten Dokumenten festgehalten

Die Modelle unterscheiden sich insbesondere in Bezug auf:

  • die Zielgruppen einer Gesundheitlichen Vorausplanung
  • die Anforderungen an beratende Fachpersonen, die eine Gesundheitliche Vorausplanung durchführen
  • die Dokumente zur Verschriftlichung der Ergebnisse der entsprechenden Prozesse

In der Schweiz ist die Gesundheitliche Vorausplanung in das Projekt «Koordinierte Versorgung» (Gesundheit2020) eingebettet. 2018 hat das BAG ein nationales Rahmenkonzept für die Schweiz «Gesundheitliche Vorausplanung mit Schwerpunkt Advance Care Planning» veröffentlicht. In den einzelnen Sprachregionen, Gesundheitsinstitutionen und Netzwerken haben sich seitdem unterschiedlich ausgestaltete Modelle zur Umsetzung entwickelt.

Um diesen Prozess zu unterstützen, hat der Bund eine ständige Arbeitsgruppe «Gesundheitliche Vorausplanung» eingesetzt. Die gemeinsam vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und Schweizerische Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) geleitete Arbeitsgruppe steuert die Umsetzung der Massnahmen der Gesundheitlichen Vorausplanung auf strategischer und inhaltlicher Ebene. Im März 2023 publizierte sie die «Roadmap für die Umsetzung der Gesundheitlichen Vorausplanung (GVP) in der Schweiz». Die Roadmap skizziert 12 Empfehlungen, die dazu beitragen sollen, dass die Gesundheitliche Vorausplanung im (medizinischen) Alltag stärker verbreitet und verankert wird.

Parallel dazu setzt sich der Verein «ACP Swiss» für die breite Verankerung von Advance Care Planning und eine spezifische Ausbildung ein.

E-Learning

In einem eigens erstellten kostenlosen Online-Kurs erfahren Sie mehr über die Gesundheitliche Vorausplanung und wie dieses Instrument hilfreich eingesetzt werden kann. Der Kurs richtet sich primär an medizinische Fachpersonen. Er kann aber auch medizinische Laien in das Thema der Gesundheitlichen Vorausplanung einführen.

Urteilsfähigkeit / Urteilsunfähigkeit

Urteilsfähigkeit ist eine Grundvoraussetzung, damit Patientinnen und Patienten in eine Behandlung einwilligen können. Urteilsfähigkeit wird auch beim Verfassen einer Patientenverfügung vorausgesetzt (vgl. Art. 370 ZGB). Ob jemand urteilsfähig ist oder nicht, hat somit weitreichende Folgen.

Für Situationen der Urteilsunfähigkeit können Patientinnen und Patienten in einer Patientenverfügung und/oder Ärztlichen Notfallanordnung oder im Behandlungsplan ihren Willen festhalten. Ist dies nicht der Fall, bestimmt das Erwachsenenschutzrecht, wer die Patientin / den Patienten bei medizinischen Massnahmen vertritt.

Gemäss Schweizer Zivilgesetzbuch ist jede Person urteilsfähig, «der nicht wegen ihres Kindesalters, infolge geistiger Behinderung, psychischer Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln» (Art. 16 ZGB).

Nur wenn begründete Zweifel oder eine offensichtliche Urteilsunfähigkeit vorliegen, ist eine weitere Abklärung indiziert.

Möchten Sie sich vertieft mit dem Thema beschäftigen, empfehlen wir Ihnen die medizin-ethischen Richtlinien der SAMW zum Thema Urteilsfähigkeit. Sie beschreiben das Vorgehen zur Evaluation der Urteilsfähigkeit, wenn Zweifel bestehen, ob eine Urteilsunfähigkeit vorliegt. Eine Möglichkeit zur interaktiven Auseinandersetzung bieten die Schritte 4.4 bis 4.10 im Online-Kurs der Universität Basel zur «Psychotherapie-Ethik».

Vertretungsperson(en) bei Urteilsunfähigkeit

Ist eine Patientin / ein Patient infolge Unfall oder Krankheit urteilsunfähig und hat die Patientin / der Patient ihren/seinen Willen für die anstehenden Behandlungsentscheidungen nicht festgehalten, bestimmt das Erwachsenenschutzrecht (Art. 378 ZGB), wer anstelle der Patientin / des Patienten die Entscheidungen über medizinische Massnahmen trifft. Ausgenommen sind dringliche Situationen.

Die folgenden Personen sind der Reihe nach berechtigt, die urteilsunfähige Person zu vertreten:

  1. Die in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag bezeichnete Person
  2. Der Beistand oder die Beiständin mit einem Vertretungsrecht bei medizinischen Massnahmen
  3. Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner einen gemeinsamen Haushalt mit der urteilsunfähigen Person führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet
  4. Die Person, die mit der urteilsunfähigen Person einen gemeinsamen Haushalt führt und ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet
  5. Die Nachkommen, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten
  6. Die Eltern, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten
  7. Die Geschwister, wenn sie der urteilsunfähigen Person regelmässig und persönlich Beistand leisten

Wenn Weisungen in der Patientenverfügung fehlen, muss die Vertretungsperson die Entscheidungen nach dem mutmasslichen Willen (frühere Dokumente, Aussagen etc.) und den Interessen der urteilsunfähigen Person treffen.

Wenn mehrere Personen (z.B. Geschwister) vertretungsberechtigt sind, darf die gutgläubige Ärztin / der Arzt davon ausgehen, dass die vertretungsberechtigten Personen eine Entscheidung im gegenseitigen Einverständnis treffen.

In schwierigen Situationen können wiederholte Gespräche und/oder eine ethische Unterstützung für alle Beteiligten hilfreich sein. In Konfliktsituationen oder wenn keine Vertretungsperson vorhanden ist, muss die Erwachsenenschutzbehörde einbezogen werden.

News

INTERVIEWS - EXIT Mitglieder-Magazin vom Oktober 2024

Das EXIT Mitglieder-Magazin, Ausgabe 4/24, enthält ein Interview mit Prof. Dr. Miograd Filipovic, Präsident der nationalen Arbeitsgruppe GVP, sowie ein Interview mit Jikkelien Bohren, Geschäftsleiterin von GGG Voluntas, über den Austausch der Patientenverfügungs-Organisationen bei der Implementierung der Gesundheitlichen Vorausplanung.

INTERVIEW - Prof. Dr. med. Sabina Hunziker im Gespräch

In einer Studie, die in der Fachzeitschrift «Resuscitation Plus» (2023) erschienen ist, zeigen Forschende der Universität Basel und des USB, dass die Bevölkerung überschätzt, wie erfolgreich eine Reanimation nach einem Herzkreislaufstillstand ist. In einem Interview mit GGG Voluntas erläutert die Mitautorin Sabina Hunziker die Ergebnisse der Studie.

ARTIKEL - SÄZ vom 25.9.24

Die Zentrale Ethikkommission (ZEK) der SAMW hat eine Stellungnahme verfasst, weil sie die rechtlich und ethisch gebotene Gesundheitsversorgung in Alters- und Pflegeheimen gefährdet sieht. Ein Artikel in der Schweiz. Ärztezeitung vom 25.9.24 fasst die Stellungnahme zusammen.

ARTIKEL - GVP im Einblick 2/24

Im Einblick, der Mitgliederzeitung der GGG Basel, ist in der Ausgabe von März 2024 ein Artikel zu "GVP - worum geht es?" erschienen.

ARTIKEL - GVP in Synapse vom 9.2.24

Die Synapse hat in der Ausgabe 1/24 vom 9.2.24 einen Artikel zu "Startschuss für die gesundheitliche Vorausplanung in Basel-Stadt und Baselland" veröffentlicht.

EMPFEHLUNGEN - Roadmap März 2023

Die Roadmap für die Umsetzung der Gesundheitlichen Vorausplanung (GVP) in der Schweiz vom BAG und der SAMW skizziert zwölf Empfehlungen, um die Gesundheitliche Vorausplanung im Alltag zu etablieren.

Kontakt

Gesundheitliche Vorausplanung BS & BL
GGG Voluntas
Leimenstrasse 76, 4051 Basel
T +41 61 225 55 25
info@gvp-bb.ch